Workshop von Silke Egeler-Wittmann

Inhalte

Einführung

In dem hier vorgestellten Projekt soll der Versuch unternommen werden, Zugänge zur Musik des Komponisten Saed Haddad zu schaffen, die bewusst eine musikpraktische Annäherung versuchen. Angesichts der Komplexität von Saed Haddads Kompositionsansatzes in seiner Schaffensperiode von 2004 – 2006 (in der auch die hier zugrunde liegende Komposition entstanden ist und in der er versucht, eine Synthese zwischen westlicher und arabischer Musik zu erreichen), wirft dies für das Vermittlungskonzept gleich mehrere Probleme auf:

Man kann nicht voraussetzen, dass traditionelle arabische Musik den Workshop-TeilnehmerInnen geläufig ist, ebenso wenig können musikpraktische Zugänge in die Klangwelt neuer Musik erwartet werden. Es muss also versucht werden, eine "multiple" Fremdheit zu überwinden. Wie wichtig und dringend notwendig die Auseinandersetzung mit dem gesamten Themenbereich der Transkulturalität, der Suche nach Identität angesichts zunehmender Globalisierungsprozesse ist, zeigt die jüngst neu aufgeflammte heftig geführte Diskussion um das Thema Integration.

Die hier präsentierte Auseinandersetzung mit Saed Haddads "Les Deux Visages de l´Orient", im musikalischen Spannungsfeld zwischen Orient und Okzident bietet eine sehr gute Voraussetzung für die kulturell akzentuierte Beschäftigung mit diesem brennenden Thema.

Angesiedelt war der Workshop im Rahmen eines Festivals für neue Musik, der "Parkmusik – Neue Ho(e)rizonte auf dem Trombacher Hof" (bei Bad Münster am Stein), veranstaltet von der Künstlerin Sigune von Osten. (Mehr Informationen unter http://www.artpoint-th.com/) Er richtete sich an interessierte Besucher des Festivals, in diesem Falle an interessierte Laien aus der Generation 50+.

Im Anschluss an den Workshop konnte man im Konzert und in Anwesenheit des Komponisten "Les Deux Visages de l´Orient" live erleben, gespielt von der Geigerin Ulrike Stortz. Das hier vorgestellte Konzept ist zwar für den zeitlich begrenzten Rahmen eines Festivalworkshops konzipiert, es lässt sich jedoch problemlos auch auf den Unterricht in der Oberstufe übertragen und thematisch ausweiten, wo sowohl "neue Musik" als auch "außereuropäische Musik" Teil des Lehrplans sind.

Grundlage des Workshops bildet die Beschäftigung mit zwei Sätzen aus Saed Haddads Stück "Les Deux Visages de l´Orient" für Violine Solo: Satz I "Lirico" und  Satz III "Sognante, Hommage to Schubert & Ravel".


Methodische Vorgehensweise & Gliederung des Ablaufs

Der Workshop ist in drei Teile gegliedert:

Zum Einstieg in die Klangwelt Neuer Musik und die musikpraktische Auseinandersetzung in einer Gruppe, deren Mitglieder sich nicht kennen, bietet es sich an, mit einigen bewährten Warming-Ups und spielerisch ausgerichteten Konzepten, die bereits strukturelle Elemente aus der Neuen Musik wahrnehmbar machen, zu beginnen.

Angelehnt an die beiden wichtigsten Bestandteile der überwiegend linear ausgerichteten arabischen Musik liegt im ersten Teil des Workshops  der Schwerpunkt auf dem Bereich der Rhythmik, während im zweiten Teil das Augenmerk auf dem Bereich der Melodik liegt.

Entsprechend wurden beiden Workshop-Abschnitten auch die Sätze aus den Deux Visages de l´Orient zugeordnet: Im dritten Satz [«Sognante, Hommage to Schubert & Ravel»] dominiert die auffällige rhythmische Struktur, während im ersten Satz [«Lirico»] der Schwerpunkt auf der komplexen melodischen Gestaltung – unter Verwendung traditioneller «maqamat» – liegt.

Die Beschäftigung mit der Musik beider Sätze lassen sich übrigens auch mit einer kurzen Einführung und Erläuterung grundlegender Phänomene arabischer Musik verbinden um damit Saed Haddads Versuch einer kompositorischen Synthese zwischen westlicher und arabischer Musik nachvollziehbar zu machen.

Bewusst wurden die einführenden und hinleitenden Übungen der ersten beiden Workshop-Abschnitte zum Stück vor dem Hören der Komposition angeboten, um dadurch ein fokussierendes Hören zu einem bewussteren, tiefer gehenderen und vielleicht offeneren Wahrnehmen zu ermöglichen.

Der dritte Teil des Workshops beschäftigt sich mit auch für den Komponisten wichtigen Themen wie der Diskussion eines aktuellen Kulturkonzeptes und Kulturbegriffes, der Transkulturalität und der Suche nach Identität angesichts zunehmender Globalisierungsprozesse.  Die Beschäftigung mit dem «westlichen» Orientbild führt schliesslich auch zu einer Erläuterung der im Titel angedeuteten «Zwei Gesichter des Orients».

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