Musikalische Strukturen visualisieren und realisieren (Stunden 11/12)

Mit den Stunden 11/12 begann der Projekttag während der Unterrichtsreihe zu Antunes Penas Werk, der insgesamt 8 Unterrichtsstunden umfasste (Stunden 11 bis 18). Während dieser Zeit waren der Komponist sowie der Schlagzeuger Nuno Aroso persönlich anwesend, um phasenweise mit den Schülerinnen und Schülern zu arbeiten. Ausgehend von analytischen Betrachtungen der ersten beiden Sätze der "Três quadros sobre pedra" sollen die Schülerinnen und Schüler in Gruppen eigene Stücke konzipieren und beginnen, sie auszuarbeiten. Natürlich kann diese Unterrichtseinheit auch vom Musiklehrer bzw. von der Musiklehrerin allein durchgeführt werden.

Ablauf:

In der Doppelstunde 11/12 sollen sich die Schülerinnen und Schüler arbeitsteilig mit der musikalischen Struktur von "Quadro I" (Gruppe A) und Quadro II (Gruppen B1 und B2) auseinandersetzen. Gruppe A erstellt auf der Grundlage der zuvor erarbeiteten Klangkategorien (siehe Klänge beschreiben, Stunde 5/6, sowie Komponist Luís Antunes Pena, Stunde 9/10) grafische Partituren dreier Abschnitte des ersten Satzes; Gruppe B1 und Gruppe B2 sollen über das Musizieren einzelner Passagen des zweiten Satzes auf Perkussionsinstrumenten (Klanghölzer, Bongos und Congas) einige grundsätzliche rhythmische Gestaltungsprinzipien erschließen. Ziel ist es, das Erarbeitete in der nachfolgenden Doppelstunde (Präsentation der Arbeitsergebnisse, Stunde 13/14) dem Kursplenum vorzustellen und zu diskutieren. 

Material:

Hörbeispiel 1 und Hörbeispiel 2 (Luís Antunes Pena: Quadro I und Quadro II)

Arbeitsblatt 3 Musikalische Gestaltung Três quadros, Gruppe A und Gruppen B1/2

Arbeitsblatt 3a Grafische Partitur (Leerformulare)

Arbeitsblatt 3b Legende grafische Partitur (Leerformular)

Notenbeispiel 2 (Luís Antunes Pena: Quadro II)

Didaktisch-methodische Hinweise:

Nachdem die Schülerinnen und Schüler in den vorangegangenen Unterrichtseinheiten mit der Morphologie und Phänomenologie sowie mit der Genese der Klänge vertraut gemacht worden sind (siehe Klänge beschreiben, Stunden 5/6 und Stunde 7/8), geht es nun – auch im Hinblick auf die eigenen kompositorischen Versuche – um die Frage, wie mit einem derartigen Klangmaterial formale Prozesse gestaltet werden können. Anhand des ersten und zweiten Satzes der "Três quadros sobre pedra" sollen konträre Strategien, Klänge anzuordnen, zu verknüpfen und zu variieren, erarbeitet werden. Um dabei den unterschiedlichen Lerntypen der Schülerinnen und Schüler gerecht zu werden, soll dies mit differenzierten Arbeitsaufträgen geschehen, wobei die Hörpartituren eher dem auditiven Lerntypus, die Erarbeitung der rhythmischen Strategien dagegen eher dem haptisch-praktischen Lerntypus entgegenkommen.

Um eine detaillierte Darstellung der Hörpartituren von "Quadro I" (Gruppe A) zu ermöglichen, ist es sinnvoll, den verhältnismäßig langen Satz arbeitsteilig zu transkribieren, indem man ihn in drei Abschnitte aufteilt (0‘00‘ bis 2‘40‘‘ // 2‘40‘‘ bis 4‘50‘‘ // 4‘50‘‘ bis 6‘40‘‘), die in Partnerarbeit übertragen werden.

Als Hilfestellung bei der Erstellung der grafischen Partituren kann eine spektrografische Darstellung der Musik dienen, die die Verläufe der akustischen Signale visualisiert. Die Spektrogramme können mit der kostenfreien Software Acousmographe  unschwer erstellt und abgespielt werden. Auch wenn der physikalische Zusammenhang von Klangfarbe und Frequenzspektrum den Schülerinnen und Schülern im engen Zeitrahmen des Projekt nicht vermittelt werden kann, so sind Spektrogramme doch zumindest dann, wenn sie unmittelbar mit der Musik verbunden sind, in der Regel intuitiv lesbar; auch Ungeübte können aus ihnen großflächigere dynamische Entwicklungen, formale Zäsuren, Überlagerungen verschiedener musikalischer Schichten etc. ablesen. Ideal ist es daher, Spektrogramme auf dem Computer gemeinsam mit der Musik abzuspielen, wobei ein beweglicher Marker stets anzeigt, an welcher Stelle auf der Zeitachse des Spektrogramms man sich aktuell befindet. Die Spektrogramme können entweder mit einem Mediaplayer (im swf-Format) oder mit der Software Acousmographe (im aks-Format) abgespielt werden.

Der Acousmographe ist gegenüber den Mediaplayern bedienungsfreundlicher und bietet zahlreiche Analysemöglichkeiten wie klangliche Filterungen, farbliche Veränderung der Darstellung, Vergrößerungen. Er erlaubt auch die Erstellung grafischer Partituren. Allerdings würde die Einarbeitung in diese Funktionen der Software den zeitlichen Rahmen des Projekts weit überschreiten; die Verwendung als komfortabler Mediaplayer für Akusmographien kann aber auch bei der handschriftlichen Erstellung grafischer Partituren durchaus hilfreich sein, um Einzelheiten zu überprüfen.

Die rhythmischen Patterns des zweiten Satzes bieten sich für eine praktische Umsetzung an, weil sie in einfache Modelle zerlegbar sind, die von den Schülerinnen und Schülern schrittweise erarbeitet werden können: Dabei beschäftigt sich Gruppe B1 mit der rhythmischen Variation des Zweiunddreißigstel-Pulses durch die unregelmäßige Hinzufügung von Vorschlägen, Gruppe B2 mit den Variationen durch Wechsel der Klangfarbe bzw. Klanghöhe.

Statt der originalen Granitsteine bzw. -platten verwenden die Schülerinnen und Schüler möglichst Perkussionsinstrumente, die ihnen bereits aus dem Musikunterricht vertraut sind, wie Klanghölzer, Bongos, Congas usw., damit die Erarbeitung der rhythmischen Strukturen nicht zu stark von spieltechnischen Fragen beherrscht wird. Bei ausreichender Unterrichtszeit kann der Schwerpunkt aber auch auf das klangliche Experimentieren mit Granit- oder anderen Steinen gelegt werden. Weitere Vereinfachungen erreicht man dadurch, dass die rhythmischen Strukturen jeweils auf mehrere Spieler aufgeteilt werden – sei es, dass eine längere Passage in kürzere Abschnitte aufgeteilt wird (B1), oder sei es, dass ein mehrschichtiger Verlauf auf mehrere Spieler aufgeteilt wird (B2). Je nach Leistungsniveau der Schüler können die vorbereitenden Übungen (Spielen eines gleichmäßigen Pulses, Übung einfacher Betonungsmodelle) wegfallen oder aber zeitlich ausgedehnt werden. Auch das Grundtempo sollte gegenüber dem Original deutlich reduziert werden – einerseits, um die aufführenden Schülerinnen und Schüler nicht zu überfordern, und andererseits aber auch, um die rhythmischen Strukturen für die Zuhörenden nachvollziehbar zu machen.

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