Die Schüler:innen hören die einzelnen Sätze der "Fiktiven Tänze" an und geben nach jedem Satz ihre Höreindrücke wieder. Auf der Suche nach geeigneten Formulierungen reflektieren sie das Gehörte. Die Äußerungen werden an der Tafel gesammelt.
Ein Brainstorming zum ersten Satz der "Fiktiven Tänze" ergab in der Klasse 7c des Hans-Thoma-Gymnasiums Lörrach folgende Nennungen:
schief / schräg / punktuell / Töne schießen gerade hoch / zufällig / Elefanten / Wellen / eine Horde Affen / nichts wiederholt sich / Triolen / nicht zufällig, sondern geordnet, aber so kompliziert, dass es zufällig klingt / Fließendes im Hintergrund / offen / Fließband / gerade Töne / Stau auf der Autobahn / Bläser dominieren
Besonderes Augenmerk wird in der anschließenden Diskussion der Beiträge auf widersprüchliche Äußerungen gelegt. Wie kann es sein, dass von "Wellen" die Rede ist, andererseits aber auch von "geraden Tönen"? Ist die Musik "zufällig" oder, wie in der Klasse 7c jemand sehr hellsichtig bemerkte "nicht zufällig, sondern geordnet, aber so kompliziert, dass es zufällig klingt"? Wurde die Triole deshalb genannt, weil sie den Schüler:innen als etwas Kompliziertes in Erinnerung ist oder weil das Wesen der Triole in der gleichmäßigen Teilung einer Zeiteinheit besteht?
Bei den Hörkritzeleien dürfen die Schüler:innen ihrer Phantasie freien Lauf lassen und dabei intuitiv nach strukturellen Entsprechungen suchen zwischen dem Gehörten und ihren eigenen ganz freien grafischen Kreationen (Arbeitsblatt 1). Oftmals gelingt es den Schüler:innen bei dieser einfachen Tätigkeit am besten, sich in Musik zu versenken.
Das Arbeitsblatt 1 weist für jeden der fünf Sätze der "Fiktiven Tänze" ein Feld auf, das frei gestaltet werden darf (Video-Beispiel). Hinterher werden die Ergebnisse aufgehängt und miteinander verglichen. Zu sprechen ist darüber, ob es bestimmte Tendenzen bezüglich der grafischen Umsetzungen der einzelnen Sätze gibt.
In den "Fiktiven Tänzen" gibt es an unterschiedlichen Stellen gleichmäßig pulsierende Klangereignisse, die jedoch nicht als gleichmäßig gehört werden, weil der akustische Hintergrund unsere Wahrnehmung stark beeinflusst.
Sehr augen- bzw. ohrenfällig tritt dieses Phänomen bereits ganz am Anfang des ersten Satzes ("Gerader Tanz") auf, wenn man den Ton "b1" im präparierten Klavier verfolgt, der insgesamt 128 Mal mit exakt der gleichen Dauer von 3/16 angeschlagen wird, was jedoch keinesfalls unserer Wahrnehmung entspricht. Eine Auseinandersetzung mit optischen Täuschungen, gegebenenfalls auch eine Internetrecherche, kann Vergleichbares für den Bereich der visuellen Wahrnehmung aufzeigen (Videobeispiel).
Auch bei optischen Täuschungen ist oft der Hintergrund, vor dem sich bestimmte Bildelemente befinden, ausschlaggebend für die Verwirrungen unserer Wahrnehmung. Mit kreativen und leistungsstarken Schüler:innen kann darüber nachgedacht werden, wie sich andere "akustische Täuschungen" realisieren lassen könnten, z.B. scheinbare Endlosglissandi oder scheinbare Bewegung von Klängen im Raum.