Am 1. Juli 1967 in Dresden geboren, erhielt Carsten Hennig mit 15 Jahren Klavier- und später Orgelunterricht. Nach dem Abitur arbeitete er als pädagogischer Helfer und Musikerzieher in einem Dresdner Kindergarten. Anschließend studierte er Schulmusik an der Musikhochschule Weimar (1989–1992), Filmmusik an der Filmakademie Baden-Württemberg in Ludwigsburg (1992–1995) sowie Komposition bei Adriana Hölszky an der Musikhochschule Rostock (1997–2000) und am Mozarteum Salzburg (2000–2002).
Festival Manca (Nizza), ArtGenda (Stockholm), Münchener Biennale, HörenSagen (Münster), Musica Viva (München), Dresdner Tage für Zeitgenössische Musik, Stadttheater Gießen, Volkstheater Rostock, Tiroler Landestheater Innsbruck, zudem in Frankfurt, Bremen, Paris, Rom, Los Angeles, Alicante
Ensemble Modern, Nieuw Ensemble, musikFabrik, Luxembourg Sinfonietta, Deutsche Kammerphilharmonie Bremen, Thürmchen Ensemble, Blaskapelle der Italienischen Luftwaffe, Ensemble Aleph, Faust Quartett, Formalist Quartet (Los Angeles), EAR Unit (Los Angeles), Symphonieorchester des Bayerischen Rundfunks, Sinfonietta Dresden
Alle Werke werden bei Editions Musicales Européennes (Paris) verlegt.
Carsten Hennig lebt als freischaffender Komponist in Dresden.
Hennigs Interesse gilt den grundlegenden Erfahrungen der menschlichen Existenz. Fast möchte man ihn einen Phänomenologen nennen, der Konstanten unserer Wahrnehmung und unseres Verhaltens musikalisch ausleuchtet. Ästhetik wird in einem so profanen wie profunden Sinne als Aisthesis verstanden. Gleichzeitig geht auch Hennig vom Materialstand der Gegenwart aus. Er knüpft ganz selbstverständlich an die Errungenschaften der Avantgarde an. Auch dadurch gewinnt die Auseinandersetzung mit ganz klassischen Figuren und Topoi an Bedeutung, dass Hennig ihnen nämlich mit den Mitteln der Gegenwart auf eine bislang nicht da gewesene Weise begegnet. Zu den Themen, mit denen er sich klangphänomenologisch auseinandergesetzt hat, gehören zum Beispiel die Bewegungsmuster chaotischer Naturereignisse wie Sandstürme oder Tierschwärme, die er in dem Orchesterwerk "Massen" (2005) in eine avantgardistische Tonsprache übersetzt.
Man könnte Hennigs Ansatz auch als empirische Ästhetik bezeichnen. Hier wird nicht eine in sich stimmige und schlüssige Theorie entworfen, der die Realität sich dann zu beugen hat, sondern die theoretische Überlegung wird aus den Tatsachen der Welt abgeleitet, in dem Wunsch, dass Kunst und Welt konvergieren. Der Hörer ist da – mit seinen kognitiven Fähigkeiten, seiner Reizempfänglichkeit, seinem sozialisierten Ohr – ein wichtiges Korrektiv, das sich aber komponierend nicht vollends beherrschen lässt, sofern sich die Frage, "welches Maß an Komplexität einer Werkidee konstruktiv zugute kommt", immer wieder aufs Neue stellt.
Hennig entwickelt die Gestaltungsprinzipien seiner Werke jeweils aus spezifischen Fragestellungen und Entstehungsumständen heraus. Oft wirken sich die Besetzung, der Aufführungszusammenhang oder das Sujet entscheidend auf die Ausarbeitung des Werkes aus. Die den Kompositionen zugrunde liegende Ideen sind mithin nicht Programme im Sinne einer äußerlichen Beschreibung, sondern Konzepte, die sich bis in die Parameter der musikalischen Gestaltung hinein auswirken. Ein in dieser Hinsicht besonders anschauliches Beispiel sind die "Aperioden mit 7 Faltungen" aus dem Jahre 2004, bei denen alle Gestaltungsebenen vom einzelnen Ton bis zur Gesamtform aus dem Prinzip einer unregelmäßigen Schwingung abgeleitet werden.
Ein anderes Beispiel ist das 2000 entstandene Orchesterwerk "synonym", das auf eine ungleichgewichtige Besetzungen im Orchester zurückgeht. Hennig trug dem perkussiven Übergewicht des Ensembles, der Kammerphilharmonie Bremen, Rechnung, indem er das Phänomen Rhythmus in den Mittelpunkt seiner kompositorischen Arbeit stellte. In synonym wird das dem Rhythmus zugrunde liegende Modell "Impuls-Stille" vielfältig variiert und ausgedehnt, indem das Modell schließlich nicht mehr nur auf den Rhythmus, sondern vielmehr auch auf die Klangfarbe angewandt wird. Die Besetzungsvorgabe hat auch die Idee zu dem Stück "Ausflug nach Sing-Sing" in 3 Gruppen mit Rotationen von 2002 maßgeblich geprägt. Hier stehen sich drei Instrumentengruppen gegenüber – a) die Tenuto- oder Glissandoinstrumente, b) die Impulsinstrumente und c) die Blasinstrumente, die im Verlauf des Stückes "rotieren", die sich vermischen und dabei die ihre spezifischen Eigenschaften und die vermeintlichen Unvereinbarkeiten aufgeben.
Die wichtigste Eigenschaft seiner Werke ist wohl die, dass sie sich mitteilen. Was den Tönen widerfährt, lässt sich von Hörerinnen und Hörern nachvollziehen, und zwar auf einer ganz unmittelbaren Ebene. Nicht zuletzt infolge seiner Erfahrungen mit Film- und Theatermusik hat Hennig ein besonderes Gespür für die Dramaturgie eines Werks entwickelt, sodass nicht nur seinen beiden Kammeropern eine erzählende Perspektive oder ein szenischer Zusammenhang zugrunde liegt, sondern auch dem Konzertstück Kadenzes von 2002, bei denen die Protagonistin die musikalisch
Björn Gottstein
1996 Ein Ort Nirgends für Ensemble
1998 FragmentParzival, Kammeroper nach einem Libretto von Simon Werle
1998 LONDON 5697 für Ensemble
2000 synonym für Orchester
2001 Ellipsen für 5 Instrumente
2002 Ausflug nach Sing-Sing in 3 Gruppen mit Rotationen für 20 Instrumente
2002 Kadenzes - 13 Fälle für Frauen-Stimme und Ensemble
2002 Die Angst des Flusses vor der Mündung für 17 Soloinstrumente
2003 fatto di risonanza - una scultura invisibile für 20 Instrumente und Elektronik
2003 Malins Heimkehr oder die Geburt der Musik aus dem Geiste der Tragödie, Kammeroper nach einem Libretto von Christine Lemke-Matwey
2003 divisi für 3 Violoncelli
2004 Aperioden mit 7 Faltungen für 8 Instrumente
2004 Die Macht der Berichterstatter für 2 Klaviere
2004 Notturno für Sitzecke und Beistelltisch
2004 Gold für gr. Blasorchester
2004 lost für Violine
2004 lost für Streichquartett
2005 Massen für großes Orchester
2006 Pergament für Sopran und 7 Instrumente
2006 Melancholia für Viola
2006 blackbox für Klavier und Orchester
2006 desire I für Streichquartett (2007 Fassung für Streichtrio)
2006/07 desire II – ein Sehnsuchtspanorama für großen gemischten Chor
2007 desire III – Die belebende Wirkung des Geldes für Violine, Cello, Klavier und Metallscheiben
2007/08 ÜbergangsÖl – Futuristisches Flugtheater mit Abwurf eines Nachttopfs überm Vatikan. Radioprojekt für den Bayerischen Rundfunk mit Texten von Dieter M. Gräf
2008 up - desire IV für Orgel und Viola (2008)