Markus Hechtle, geboren am 17.6.1967 in Karlsruhe, studierte nach Abitur und Zivildienst 1990-98 Komposition an der Staatlichen Hochschule für Musik in Karlsruhe bei Wolfgang Rihm sowie ergänzend bei Heiner Goebbels, Mathias Spahlinger, Thomas A. Troge und Walter Zimmermann.
Seit 1998 ist Hechtle freischaffend tätig. Seine Werke werden im In- und Ausland aufgeführt, u. a. durch das Aleph Gitarrenquartett, das Klangforum Wien, die Neuen Vocalsolisten Stuttgart, das Ensemble Intermodulation Budapest, das SWR Sinfonieorchester Baden-Baden und Freiburg, das RSO Stuttgart, das Bundesjugendorchester, das Ensemble SORI/Seoul, oder das Ensemble Modern.
Die musikalische Mitarbeit und das Live-Sampling bei der Theaterproduktion Max Black von Heiner Goebbels führten ihn mit zahlreichen Gastspielen an Theater in Europa und Übersee. Darüber hinaus entstanden Arbeiten für den Rundfunk, Vorträge und Publikationen.
1995 war Hechtle Stipendiat der Heinrich-Strobel-Stiftung des Südwestrundfunks, 1998 Stipendiat der Kunststiftung Baden-Württemberg. 2002 wurde ihm der Förderpreis Musik der Akademie der Künste Berlin zuerkannt, 2003 der Förderpreis der Internationalen Bodenseekonferenz und 2007 der Förderpreis der Ernst von Siemens Musikstiftung.
Hechtles Schaffen kennzeichnet ein außergewöhnlicher Individualismus, mit dem er abseits musikästhetischer Debatten nach Orientierung und immer wieder nach Überraschungen sucht.
Sein Komponieren entspringt einer tiefen Skepsis gegenüber einem Fortschrittsdenken, das sich auf den Materialbegriff stützt. Mit dem Appell an die individuelle Verantwortung des Einzelnen arbeitet er aus atmosphärischen Zustands- und Klangvorstellungen heraus mit Tönen und Klängen, unabhängig davon, aus welchen Richtungen man sie bereits zu kennen glaubt. Eng gebunden an den Begriff der Verantwortung ist für Hechtle der Begriff des Autors, der für ihn zwingend hinter den Klanggebilden steht, ja diese überhaupt erst zum Atmen bringt.
Seine Stücke basieren auf unterschiedlichen Herangehensweisen, die meist außermusikalisch motiviert sind und keine von einer Struktur hergeleitete Dramaturgie aufweisen. Ganz unterschiedliche musikalische Parameter treten wechselweise in den Vordergrund. Oft vollzieht sich ein Ebenenwechsel abrupt, ohne Zielgerichtetheit wie etwa in "screen" (2001). Manchmal, z. B. in "Blinder Fleck" (2005) oder "Sätze mit Pausen" (2005), sind es beharrlich wiederholte Figuren in einzelnen Instrumenten oder Pausen, die statische und gleichzeitig dramatische Akzente setzen. In "Still" (2003) dominieren vordergründig schlichte und vertraute Elemente, die sich erst auf den zweiten Blick als harmonisch vertrackt und motivisch äußerst komplex entpuppen. Wenn Hechtle wie in den Stücken "Still" oder "Klage" (1999) zu Textvorlagen greift, verwendet er die Worte aufgrund ihrer Inhalte, und nicht ihrer phonetischen Bestandteile wegen, was jedoch nicht unbedingt bedeutet, dass man ihnen Wort für Wort verstehend folgen kann.
Wichtig ist ihm beim Komponieren schließlich ein kommunikativer Aspekt, der ihn besonders zum Schreiben für Ensemble anregt. Für ihn gehört die Trias Komponist/in – Interpret/in – Hörer/in unlösbar zusammen. Daher rührt auch seine persönliche Zurückhaltung elektroakustischer Musik gegenüber. Skepsis empfand er auch lange beim Schreiben für Soloinstrumente, so dass er mehrfach Kompositionsaufträge dieser Art ablehnte. Seine eigenen Werkkommentare haben meist nur indirekt mit Musik zu tun.
Viele Texte gleichen nahezu literarischen Prosanotizen, die von Außermusikalischem sprechen.
"Der Inhalt von Musik ist nicht Musik", so Hechtle, "bei der Frage danach kommt man schnell ins Stocken, was aber nicht das Argument dafür sein sollte, nur über das zu reden, über das sich leicht reden lässt, über Strukturen, Tonhöhen etc. Die Musik muss die Analyse übersteigen. Das gelingt nicht immer, aber es ist immer die Sehnsucht des Komponisten, dass das, was Musik auslöst, über das auf Papier Gebannte hinausgeht."
1991 Und Ritardandi für Violine, E-Gitarre, Harfe, Trompete und Violoncello
1992 Sinn-Flut für Ensemble
1992 N.N., kleine Welten für Ensemble
1993 Fresko. Eine Sehnsucht. für vier Gitarren
1995 Fresko. Eine Hinsicht. für Ensemble und 12-stimmigen Solistenchor mit Live-Elektronik
1997 von Herzen innig für drei Schlagzeuger
1997 Minotaurus-Studie für Ensemble
1999 sfumato Musik-Film in Zusammenarbeit mit Andreas Brehmer und dem Aleph Gitarrenquartett
1999 Klage für sieben Stimmen mit dem gleichnamigen Text von Jakob van Hoddis
2001 screen für Ensemble mit Verstärker
2003 Still für Sprecher und vier Männerstimmen mit Akkordeon; Text von Giacomo Leopardi
2003 Umgang mit zwei Klavieren
2003 Fragen Sie nicht Musik zu einem Kurzfilm und einer interaktiven DVD von Andreas Brehmer und Sirko Knüpfer
2004 Portrait – Erinnerung an einen fremden Traum für Klarinette, Violoncello und Akkordeon
2005 Sätze mit Pausen für Klarinette, Bass-Gitarre, Viola, Violoncello und Kontrabass
2005 Blinder Fleck für Ensemble
2006 Linie mit Schraffur für Gitarrenquartett und Klarinette
2007 Vertigo – vor dem Fall für Ensemble
2007 zurück für Klavier
2007 Fresko. Eine Zuflucht. für Orchester