Am Anfang steht die Neugier...

über "Neue Musik" in der Schule von Philipp Schäffler

Am Anfang steht die Neugier. Man braucht nur an ein kleines Kind zu denken, das aus bloßer Neugier neue Räume "erkrabbelt" und seinen Radius täglich erweitert. In der Schule ist von dieser ursprünglichen Neugierde nur noch wenig zu spüren – und dennoch ist sie letztlich der Motor, sich immer wieder neue Welten zu erschließen. Wenn es in Schule um Bildung im emphatischen Sinne gehen soll, gilt es diese Neugierde zu entfachen.

Bildung ist dann weder die Anhäufung von Faktenwissen, noch die Ausbildung von Fertigkeiten, sondern die aktive Aneignung von Welt. Musik bildet eine besondere Möglichkeit, Neugierde zu wecken, da hier dem Hörer ein Erfahrungsraum eröffnet wird, in dem der Mensch ganzheitlich herausgefordert wird. Dieser musikalische Raum ist einzigartig und letztlich durch kein anderes Medium ersetzbar. Musikunterricht ist der Versuch, sich über diese klingenden Welten zu verständigen, sich in diesen zu bewegen und diese zu gestalten.

Neue Musik erscheint mir als besonders reizvoll, da sie von unserer jetzigen Welt handelt, die sich unter den Bedingungen der Individualisierung, Pluralisierung und Globalisierung grundlegend verändert. Mit diesen grundlegenden Veränderungen beschäftigen sich Künstler und ermöglichen durch ihr Schaffen Perspektiven, die sich von gewohnten und erwarteten Strukturen unterscheiden. In neuer Musik können also Wahrnehmungen eingenommen und erprobt werden, die sich mit dem "Heute" auseinandersetzen – und dazu Stellung beziehen.

Eine Voraussetzung, Neugier bei der Schülerin/beim Schüler zu entwickeln, ist meiner Meinung nach, dass der Lehrer selbst neugierig und gespannt ist. Sonst wird sie oder er es ungleich schwerer haben, seine Klasse zu begeistern. Doch es ist nicht nur Neugier auf die Musik selbst, sondern auch die Neugier, wie Schülerinnen und Schüler mit dieser Musik umgehen. Vermutlich ist es gerade die Mischung aus der "Liebe zum Kind" und der "Liebe zur Musik", die einen guten Musikpädagogen auszeichnet. Bei aller Bedeutung der Lehrerpersönlichkeit für das Gelingen eines groß angelegten Projektes darf man jedoch nicht vergessen, dass auch durch äußere Faktoren das menschliche Lernen entscheidend beeinflusst wird.

Entscheidend ist beispielsweise – gerade wenn man mit Schülerinnen und Schülern kreativ tätig wird – wie Zeit in der Schule strukturiert wird. Gibt es ein Schulklingeln? Wird Musik einstündig unterrichtet? Wie viele Räume sind vorhanden, die genutzt werden können? Habe ich eine Schulleitung, die mich unterstützt? ...

Da die Strukturen in den Schulen so unterschiedlich sind, ist ein Projekt wie dieses nur bedingt übertragbar. Es geht auch nicht darum, das Projekt eins zu eins zu übernehmen, als vielmehr Anregung zu bekommen - und möglicherweise Neugierde zu wecken.

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